Auf einen Kaffee mit Mona Majumder, die als Bewährungshelferin verurteilte Straftäterinnen und Straftäter auf dem Rückweg in die Gesellschaft begleitet.
Im Bereich der Sozialen Dienste der Justiz sind Bewährungshilfe, Gerichtshilfe und Führungsaufsicht zusammengeführt. Ein Gericht kann entscheiden, eine Freiheitsstrafe, die nicht mehr als zwei Jahre beträgt, ganz oder teilweise zur Bewährung auszusetzen. Man verlässt den Gerichtssaal als freier Mensch, steht aber für einen bestimmten Zeitraum – im Schnitt 3 Jahre – unter Bewährung. Kommt es in dieser Zeit zu einer erneuten Verurteilung, kann die Bewährung widerrufen und die Haftstrafe angetreten werden. Ob Graffiti, Körperverletzung, Einbruch, Diebstahl, Drogendelikte, Sexualverbrechen, die Spannbreite der Vergehen ist so breit wie die Menschen unterschiedlich sind.
Mona Majumder ist studierte Sozialarbeiterin und seit 2019 in den Sozialen Diensten der Justiz tätig. Ihr Schwerpunkt ist schon länger die Arbeit mit Sexualstraftätern. Darüber hinaus hat sie sich im Bereich psychosoziale Prozessbegleitung weitergebildet, die sich auf den Opferschutz und die Opferbegleitung konzentriert. Hier geht es darum, Geschädigte für das Strafverfahren zu stabilisieren, indem sie professionell begleitet werden und über den gesamten Verfahrensablauf aufgeklärt bzw. informiert werden. Sie arbeitet also sowohl mit Täter:innen als auch Opfern.
Ihr Arbeitsalltag ist „sehr vielschichtig, spannend und jeden Tag wieder interessant“ sagt sie. Die Arbeitstage sind gefüllt mit „Teambesprechungen, Fallverteilungen, Konferenzen und vor allem den Klientengesprächen.“ Kern ihrer Arbeit sind sehr viele intensive Gespräche, so dass ihre Tätigkeit „sehr menschenbezogen“ sei. Allerdings gehen diese Gespräche auch mit viel Verwaltungsarbeit einher, da alles dokumentiert werden muss.
In ihrer Tätigkeit hat man so gut wie nie Zeit, sich länger mit einer Person oder einem Thema am Stück zu beschäftigen. Flexibilität ist gefragt, wenn Termine nicht wie geplant eingehalten werden, die Klienten ihre Krisen haben und schnell der Unterstützung bedürfen. „Die Herausforderung liegt dann auch darin, sich schnell zu sortieren und immer wieder auf die jeweiligen Personen und die konkrete Situation einzustellen: wen habe ich da gerade vor mir oder am Telefon, wie ist er gerade drauf, was sind die Themen, was sind die Lebensumstände. Dann kommt gegebenenfalls wieder eine Nachfrage zu einer anderen Person vom Gericht und der nächste Klient, der wieder ganz andere Bedürfnisse und Themen hat. Manche Menschen sind von Kindheit an nur mit Herausforderungen groß geworden und haben nie ein ruhiges und entspanntes Leben genießen können.“ Ca. 80 Personen betreut sie und verfolgt mit ihren Kolleg:innen das Ziel, die Menschen straffrei durch die Bewährungszeit zu bringen. „Nach dem Prinzip ‚Hilfe zur Selbsthilfe‘ wollen wir die Menschen fördern, mobilisieren und stärken; sie sollen lernen, ihre Probleme selbst zu lösen. Aber nicht alle Menschen können oder wollen Hilfe annehmen. Das muss man auch akzeptieren.“ Im Gespräch wird deutlich, wie groß der Aufwand ist, um Menschen wieder dazu zu holen, die am Rand der Gesellschaft stehen. Viele der Klienten haben Vertrauensverluste erlebt und/oder kennen es überhaupt nicht, dass sich mal jemand für sie und ihr Befinden interessiert. Im Durchschnitt kommen die Klienten einmal pro Monat zu einem Gespräch in der Bewährungszeit.
Eine notwendige Voraussetzung ihrer Tätigkeit sei es, unvoreingenommen an die Menschen heranzugehen und die professionelle Balance zwischen Nähe und Distanz zu halten, was nicht immer leicht sei. „Ab und an muss man auch untereinander ‚Psychohygiene‘ betreiben, da es sich schon um schwere Themen handelt“ erzählt Frau Majumder lachend. Hierfür bedarf es eines guten Teams.
Einen guten Ausgleich zu ihrer Tätigkeit findet Frau Majumder außerdem in der Natur mit ihrem kleinen Kind oder auch bei einem Spaziergang an der Weser mit einer guten Freundin.
„Ich mag, dass es nicht eintönig ist, viel los ist und ich immer wieder neue Menschen kennen lerne. Deswegen kann es auch gar nicht langweilig werden. Neue Lebensgeschichten bedürfen teilweise wieder neuer Herangehensweisen. Wir selbst lernen immer wieder was Neues. Es gibt keinen Stillstand, kein reines Abarbeiten, sondern immer Bewegung im Kopf und im Gespräch.“ Mona Majumder gefällt, dass die Menschen mit denen sie arbeitet und in Kontakt steht, aber auch die Tätigkeiten so vielfältig und bunt sind.
In der Dienststelle gibt es Möglichkeiten, Schwerpunkte auszuwählen und hierzu auch viele Fortbildungsmöglichkeiten. Zudem hebt sie die Möglichkeiten hervor, sich mit verschiedenen Schwerpunkten oder in Fachausschüssen inhaltlich auch wieder neu orientieren oder ausrichten zu können.
Eine Tätigkeit im sozialen Bereich hat sie immer interessiert. Für die Arbeit mit Straffälligen wurde Frau Majumders Interesse allerdings erst im Studium durch engagierte Dozent:innen und Referate geweckt.
An der Arbeit bei der Arbeitgeberin Freien Hansestadt Bremen gefallen ihr die kurzen Wege. Dies betrifft zum einen die Kommunikation, aber auch die Infrastruktur. Auch wenn Bremen eine Großstadt ist, sind Hausbesuche ohne allzu großen Aufwand durchführbar. Und als junge Mutter weiß sie darüber hinaus die vielen Möglichkeiten zur Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf besonders zu schätzen.
„Ich hoffe, dass die persönlichen Kontakte weiterbestehen, weil die Digitalisierung ja total im Anmarsch ist, was auch gut ist, da Prozesse optimiert werden. Aber wir leben von persönlichen Kontakten. Während Corona haben wir zeitweise nur mit Telefonaten überbrückt. Manchen Menschen ist es tatsächlich leichter gefallen, am Telefon gewisse Themen anzusprechen, weil der Augenkontakt nicht da war, aber wir haben auch festgestellt, dass das Zwischenmenschliche dadurch verloren geht. Deswegen hoffe ich, dass der persönliche Kontakt in zehn Jahren noch genauso besteht wie jetzt.“
Als Kind war Frau Majumders Traumberuf eine Anstellung bei Ärzte ohne Grenzen. Wir freuen uns sehr, dass sie sich dann doch für die Arbeit in der Freien Hansestadt Bremen entschieden und dieses „keinen Tag bereut hat“.
Fotos: Heike Klobes, AFZ-50