Auf einen Kaffee mit Christian Dabs, der als Verwaltungsfachangestellter bei der Gesamtschwerbehindertenvertretung (GSV) arbeitet und mit sehr viel Einfühlungsvermögen und Hartnäckigkeit die sehr unterschiedlichen Bedürfnisse und Anforderungen der Kolleg:innen mit Behinderungen vertritt.
Seit November 2023 ist Christian Dabs in der Geschäftsstelle der GSV als Verwaltungsfachangestellter beschäftigt. Die Gesamtschwerbehindertenvertretung vertritt die Interessen der Menschen mit Behinderung in Angelegenheiten der Dienststellen, Gerichte und Eigenbetriebe des Landes und der Stadtgemeinde Bremen. Das grundlegende Ziel ihrer Arbeit ist die Förderung der Unabhängigkeit und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung im Arbeitsleben im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention.
In seiner Freizeit hört der gebürtige Leipziger sehr gerne Musik und spielt selbst Percussions. Insbesondere afrikanische Trommeln wie die Djembé haben es ihm angetan. Darüber hinaus ist Christian Dabs ein überaus politikinteressierter Mensch, der zum Ausgleich seine Freizeit gerne im Bürgerpark verbringt. „Ich genieße die ruhige und entspannende Atmosphäre, in der die Geräusche der Stadt in den Hintergrund treten“. Das ist gerade aufgrund seiner Blindheit ein großer Vorteil, weil „der Kopf ein wenig Pause bekommt“, da er nicht so viele Geräusche auf einmal filtern muss.
„Meine Aufgaben umfassen im Wesentlichen die Zusammenstellung der Beiträge für den Newsletter der Gesamtschwerbehindertenvertretung, das Testen von Verwaltungssoftware und im Bedarfsfall die Vertretung der Leiterin der GSV“.
„Wir geben etwa drei bis viermal im Jahr einen Newsletter heraus, in dem es um alle Themen geht, die schwerbehinderte oder ihnen gleichgestellte Menschen interessieren und betreffen können“. Die Aufgabe von Herrn Dabs ist es, die Themen aus unterschiedlichen Informationsquellen zusammenzustellen. Im Wesentlichen sind dieses Informationen zu Teilhabe und Inklusion sowie rechtliche Fragen, die für schwerbehinderte Menschen sowie die örtlichen Schwerbehindertenvertretungen interessant sind. Wer Interesse an diesem Newsletter hat, kann sich bei der GSV melden und in den Verteiler aufgenommen werden.
Bei Neueinführungen oder Anpassungen von Verwaltungssoftware wird diese von Christian Dabs auf Barrierefreiheit getestet, sofern von den unterschiedlichen Dienststellen ein Testzugang zur Verfügung gestellt wird. Hauptkriterium bei der Testung sind Belange und Anforderungen blinder Menschen. „Für diese Tätigkeit bedarf es sehr viel Einfühlungsvermögen, da ich mit unterschiedlichen Personen und zum Teil sehr differenzierten Anforderungen zu tun habe. Und es braucht auch eine gewisse Hartnäckigkeit und Zielstrebigkeit in dem Prozess, um zu einem guten Ergebnis zu kommen“.
„Die blindentechnische Testung ist sehr aufwändig und erfolgt zum einen mit einem Screenreader, der den Bildschirminhalt ausliest und in Sprache wiedergibt und zum anderen mit einer Braille Zeile“. Herr Dabs hat unterhalb der Tastatur eine längliche Leiste, in der die Inhalte in Braille – also in Blindenschrift – wiedergegeben werden. Eingabefelder müssen beispielsweise als solche kenntlich gemacht werden. Zu Beginn der Testungen findet Herr Dabs leider sehr häufig Mängel, von denen aber viele schnell abgestellt werden können. Ansonsten hat es zur Folge, dass blinde Menschen diese Software nicht oder nur eingeschränkt bedienen können und somit auf die Unterstützung von Assistenzen oder ähnlichem angewiesen sind. Das hat eine eingeschränkte Teilhabe am Arbeitsleben zur Folge. Klare Strukturen, eine einfache und intuitive Navigation und gut lesbare Texte kommen einfach allen Menschen zugute.
Die größten Herausforderungen für ihn und alle blinden Menschen liegen laut Christian Dabs „in der mangelnden Barrierefreiheit im Bereich Software sowie in der mangelnden Barrierefreiheit und Zugänglichkeit der Dienststellen“. Die meisten Dienststellen verfügen über kein Leitsystem, welches es blinden Menschen ermöglicht, sich frei zu bewegen. Auch das Kopieren stellt beispielweise aufgrund der weit verbreiteten Touchscreens eine unüberwindbare Hürde dar.
„Das Thema Inklusion interessiert mich schon aus eigenem Interesse“ erklärt Christian Dabs. „Darüber hinaus gefällt mir unser gutes Miteinander. Ich arbeite in einem kleinen Team, das heißt wir müssen uns sehr gut abstimmen. Kommunikative Abläufe sind wichtig in einer kleinen Einheit. Und der persönliche Draht zueinander. Wir haben einen sehr starken sozialen und fachlichen Zusammenhalt. Darüber hinaus gefällt mir die Vielfältigkeit der Aufgaben. Die Arbeit ist sehr abwechslungsreich, da die Software auch immer sehr unterschiedlich ist.“
„Besonders viel Spaß machen mir der Austausch mit den Kolleg:innen und die Beratung. Gerne besuche ich mit Herrn Bockholt [Anmerkung der Redaktion: Gesamtschwerbehindertenvertreter der Freien Hansestadt Bremen] die Vertreter:innen aus den Dienststellen, die gerade Software einführen wollen, um als Experte in eigener Sache aufzutreten. An den Gesprächen sind teilweise auch die Hersteller von Software beteiligt. Selbst wenn die Softwareentwickler mit dem Screenreader JAWS testen, kommen sie ja nicht an meine Expertise heran. Wir werden auch immer mehr gebraucht, da blinde und sehbehinderte Menschen in einem ganz besonderen Maße von mangelnder Barrierefreiheit im Arbeitsleben betroffen sind.
Ziel der Verwaltung muss es sein, dass wir die Teilhabe aller Menschen verbessern. Im Rahmen meiner Tätigkeit daran mitzuwirken, macht mir viel Freude.“
„Digitale Anwendungen werden weiterhin wichtig sein und auch die Vertretung der Menschen mit Einschränkungen wird weiter notwendig sein. Wünschenswert wären mehr Software und Gebäude, die barrierefrei sind. Um diesem Ziel näher zu kommen, wird es auch weiterhin wichtig sein, die Expertise von Menschen mit Beeinträchtigung in Anspruch zu nehmen und explizit zu nutzen“.
Fotos: Michael Schnelle, SKB Bremen