Das Institut für Polizei- und Sicherheitsforschung – kurz IPoS – ist an der Hochschule für öffentliche Verwaltung an der Doventorscontrescarpe angesiedelt. Dort haben wir uns mit zwei wissenschaftlichen Mitarbeiter:innen auf einen Kaffee getroffen.
Das IPoS ist ein recht kleines, interdisziplinär ausgerichtetes Institut, welches in erster Linie unabhängige polizeibezogene Forschung betreibt und somit zu einer stärkeren Vernetzung von polizeilicher Alltagspraxis mit Aus- und Fortbildungsaktivitäten beiträgt. Darüber hinaus wird der wachsenden Bedeutung privater Sicherheitsunternehmen für die Innere Sicherheit durch entsprechende Begleitforschung Rechnung getragen. Die gegenwärtigen Forschungsschwerpunkte lauten
Sophie Ridder ist Soziologin und war schon 2018 während ihres Studiums als Praktikantin am IPoS tätig. Seit April 2021 ist sie dort als wissenschaftliche Mitarbeiterin beschäftigt. Als Kind wollte Sophie Ridder Lehrerin werden, hat dann aber doch Soziologie studiert. Da sie auch Vorlesungen im Rahmen der Ausbildung der Polizist:innen hält, hat sich ihr ursprünglicher Berufswunsch in Teilen doch noch erfüllt. Ihre Haupttätigkeit liegt aber in der Forschung. In ihrer Freizeit ist sie sehr gerne kreativ und näht viel. Sophie Ridder hat es vom Niederrhein zum Studium nach Bremen verschlagen. Und sie ist gerne geblieben! Ihr Lieblingsort in Bremen ist die Schlachte, insbesondere wenn abends oder zum Weihnachtsmarkt die Lichter funkeln.
Eric Nissen ist ebenfalls Soziologe und seit 2024 beim IPoS beschäftigt. Er hat vorher bereits an einem Forschungsinstitut an der Universität gearbeitet. Bevor er seine wissenschaftliche Karriere begonnen hat, war sein Berufswunsch allerdings Gärtner, weil ihm ein Schülerpraktikum in einer Friedhofsgärtnerei so gut gefallen hatte. Den grünen Daumen hat er behalten und genießt seinen sehr grünen Balkon. Darüber hinaus rudert er liebend gerne. Aufgewachsen ist er im Ruhrpott, aber unsere grüne Großstadt am Wasser, die gefühlt doch nicht so groß ist, hat es auch ihm angetan.
Während Sophie Ridder ihren Job als „unheimlich kreativ, abwechslungsreich und teamorientiert“ beschreibt, empfindet Eric Nissen ihn als „abwechslungsreich, spannend und praxisnah“. Auch wenn die Themen inhaltlich nicht unbedingt lustig sind und viele Personen Statistik nicht als spaßig empfinden, genießen die beiden offensichtlich eine sehr teamorientierte und lebendige Arbeitsatmosphäre im Büro mit den Kolleg:innen und den studentischen Hilfskräften. Beide haben ihren Schwerpunkt auf quantitative Sozialforschung gelegt. Sie arbeiten sehr viel mit R-Studio, programmieren Regressionen und stellen Statistiken auf. „Inhaltlich arbeiten wir beide im Wesentlichen an dem zweiten periodischen Sicherheitsbericht für das Land Bremen und haben dafür die administrative Leitung übernommen“. Dabei handelt es sich um eine ausführliche wissenschaftliche Einordnung der Kriminalitäts- und Sicherheitslage in Bremen und Bremerhaven, die alle drei Jahre in Form eines Berichts publiziert wird. Ziel des zweiten periodischen Sicherheitsberichts ist es, eine evidenzbasierte Bestandsaufnahme für die Kriminal- und Sicherheitspolitik im Land Bremen darzustellen. Verfasst wird der Bericht gemäß des Bremer Kriminalitätsstatistik Gesetz (BremKStatG).
Ein zweites Projekt ist die Erstellung der bundesweiten Täter-Opfer-Ausgleichstatistik. „Dabei führen wir die Daten teilnehmender Einrichtungen aus allen Bundesländern zu einer bundesweiten Statistik zusammen und werten diese aus“, beschreibt Sophie Ridder ihre Tätigkeiten. Täter-Opfer-Ausgleich bezeichnet Verfahren, in denen mithilfe von Mediator:innen außerhalb von Gerichtsverhandlungen eine Einigung gesucht wird. Der Vorteil ist, dass den Opfern eine Stimme gegeben wird, da sie in der Gerichtsverhandlung nur als Zeug:innen zugelassen sind. Außerdem soll dadurch der Versöhnungsgedanke und die Aufarbeitung gestärkt werden.
Neben der Forschungsarbeit am Schreibtisch und PC gehört die Lehre im Rahmen der Polizeiausbildung ebenfalls zu ihren Tätigkeiten. Inhalte sind zum einen die Grundlagen wissenschaftlichen Arbeitens. Eric Nissen bietet darüber hinaus aber noch mit einer Kollegin ein Wahlpflichtmodul in Zusammenarbeit mit der Holocaustgedenkstätte Yad Vashem an, mit der die Hochschule kooperiert. „Da gibt es in erster Linie ganz viel zu jüdischem Leben in Bremen und nicht nur zu Antisemitismus. In diesem Rahmen und auch vor dem Hintergrund des jetzigen Krieges (Anmerkung der Redaktion: Israel-Gaza-Krieg) gibt es sehr viele Begegnungsprojekte. Außerdem reisen wir jährlich mit den Studierenden nach Westerbork in die Niederlande. Das war eines der beiden zentralen Durchgangslager in den Niederlanden, aus dem sehr viele niederländische Jüd:innen – unter anderem auch Anne Frank – von den Nazis deportiert wurden. Eigentlich haben wir auch eine Studienreise nach Israel angeboten. Diese muss aufgrund des Krieges entfallen. Und jetzt schauen wir, was wir stattdessen anbieten können. Dann betreue ich noch ein zweites Wahlpflichtmodul mit dem Thema ‚Spannungsfeld gesellschaftlicher Zusammenhalt‘. Dabei geht es beispielsweise um Fragen wie, ‚Wo ist die Rolle der Polizei? Wo steht sie in der Gesellschaft? Wo ist sie Akteur? Wo ist sie Prellbock?‘. Das macht mir sehr viel Spaß, da ich hier inhaltlich freier in der Gestaltung bin als beispielsweise bei den Grundlagen wissenschaftlichen Arbeitens.“
„Spannend ist für uns, dass wir diese Veranstaltungen Praktiker:innen anbieten und selbst einen ganz anderen Hintergrund haben, ganz anders ausgebildet wurden. Meine Rolle ist dabei, aktuelle Forschungsergebnisse zu berichten, während die Anwärter:innen diese in den Veranstaltungen um ihre Sichtweise und ihre Erfahrungen ergänzen“, erklärt Eric Nissen.
Sophie Ridder bestätigt: „Die Schnittstellentätigkeiten zwischen Forschung und Lehre und die Interdisziplinarität im Team sind einerseits manchmal Herausforderungen und andererseits die Faktoren, die die Arbeit neben den inhaltlichen Themen so spannend machen.“ Als hilfreiche Eigenschaften für ihre Tätigkeiten nennen auch beide „Offenheit, eine gewisse Lockerheit und eine gute Portion Resilienz“.
An der Arbeitgeberin Freie Hansestadt Bremen genießt Sophie Ridder als junge Mutter ganz besonders „die guten Möglichkeiten zur Vereinbarkeit von Job und Familie.“ Eric Nissen favorisiert „die in jeder Hinsicht kurzen Wege Bremens – sowohl auf räumliche Entfernungen bezogen oder bei Abstimmungen mit den Ressorts.“
„Wir forschen über Kriminalität – die gab es immer schon und wird es auch immer geben, aber sie verändert sich. Im Zuge der Digitalisierung steigt auch der Anteil der Cyberkriminalität.“ erläutert Sophie Ridder. Und Eric Nissen ergänzt: „Der Einsatz der KI wird uns sicher stärker beschäftigen. Vielleicht kriegen wir mal ein Thema ‚KI in der Lehre‘ oder es werden wieder mehr mündliche Prüfungen eingeführt, um sicher überprüfen zu können, wie es um das Wissen bestellt ist.“ Den Einsatz von KI sehen beide aber gelassen. Zum einen sind sie sich sicher, dass ihr Job nicht von der KI übernommen werden kann und zum anderen, dass der Einsatz in einigen Bereichen durchaus sehr hilfreich ist. Sie kennen sich aus, da die beiden unter anderem auch für die Prüfung der Bachelorarbeiten auf Plagiate verantwortlich sind.