Wir sind zu Gast bei der Zentralstelle für barrierefreie Informationstechnik des Landesbehindertenbeauftragten und treffen dort Frau Ulrike Peter und Frau Rebecca Romppel. Aus den großen Panoramafenstern des ehemaligen Beluga-Gebäudes bietet sich ein wunderschöner Blick auf die Weser mit vorbeifahrenden Schiffen, im Hintergrund die Domtürme und ein blauer Himmel bei strahlendem Sonnenschein.

Die Zentralstelle für barrierefreie Informationstechnik wurde 2018 aufgrund einer EU-Richtlinie in das Bremische Behindertengleichstellungsgesetz (BremBGG) aufgenommen. Im Jahr 2019 hat die Zentralstelle ihre Arbeit aufgenommen. Ziel ist es, die digitale Barrierefreiheit in den Mitgliedsstaaten der EU auf ein Niveau zu bringen und hier vor Ort die Umsetzung sozusagen von außen zu kontrollieren.

Eine vom Gesetz für die Zentralstelle für barrierefreie Informationstechnik vorgegebene Hauptaufgabe ist die Überwachung von Webseiten öffentlicher Stellen. Die Zuständigkeit gilt für Bremen und Bremerhaven und nicht nur für die Kernverwaltung, sondern auch für private Rechtsträger wie etwa der Zoo in Bremerhaven oder die Kunsthalle Bremen, wenn sie mehrheitlich durch öffentliche Gelder finanziert werden oder unter öffentlicher Aufsicht stehen.
Die beiden Kolleginnen klären auf, welche Schritte gegangen werden müssen, um die Barrierefreiheit herzustellen.

Es gibt ein Recht auf Durchsetzung der digitalen Barrierefreiheit. Das heißt, dass behinderte Menschen oder alle Menschen, denen Barrieren auffallen, diese beim Landesbehindertenbeauftragten melden können. Dann gibt es ein sogenanntes Durchsetzungsverfahren, das die Beschwerden verfolgt und die Behebung bestehender Barrieren vorantreibt.

Frau Peter: "Im Rahmen der Überwachung testen wir digitale Angebote auf Barrierefreiheit, klären die Verantwortlichen über ihre Pflichten auf und beraten zu technischen oder strategischen Einzelfragen. In der Durchsetzung verfolgen wir Beschwerden. Oft ist es bereits mit Aufklärung getan und die Barrieren können unmittelbar behoben werden. Es gibt aber auch Fälle, wo wir vermitteln oder sogar mit Nachdruck eingreifen müssen.
Durch die Einbettung hier im Team des Landesbehindertenbeauftragten gibt es aber auch Querschnittsaufgaben und andere Themenbereiche, die wir zusätzlich inhaltlich besetzen. Zum Beispiel lief im Mai im Rahmen der Europawoche eine Veranstaltungsreihe zur Künstlichen Intelligenz und Teilhabe. Diese Aufgabe würden wir nicht machen, wären wir als Zentralstelle anders angesiedelt. Wir halten also Vieles gleichzeitig am Laufen.
Mir persönlich hilft es bei der täglichen Arbeit, bodenständig zu sein und die Leute da abzuholen, wo sie stehen. Also im Dialog zu sein, was sie eigentlich brauchen und wie wir ihnen mit unserem Wissen helfen können."

Frau Romppel: "Es ist schön, wenn die Leute einen Aha-Effekt haben. Wenn man eine Barriere erklärt und die Leute denken, das ist doch gar keine, und dann wird ihnen klar, für manche ist es doch eine. Dass zum Beispiel eine Internetseite nicht bedient werden kann, nur, weil ein kleines Häkchen nicht gesetzt wurde und es sehr viel ändert, wenn man dies behebt. Nach langer Tätigkeit in diesem Bereich habe ich den Profi-Blick und kann somit eventuelle Barrieren schnell erkennen."

Eine Vision haben die beiden: Das Thema Barrierefreiheit ist im öffentlichen Dienst in Bremen schon oft im Bewusstsein, aber strukturell und personell noch nicht überall verankert. Das bedeutet, dass digitale Barrierefreiheit als Querschnittsthema gesetzt und permanent mitgedacht wird, Ressourcen entsprechend eingeplant und freigegeben werden, hinsichtlich der Personalentwicklung das Thema über Schulungen gesetzt wird und im Austausch und an konkreten Fragen aus der Praxis das Know-How (weiter-)entwickelt wird.

"Ich wollte früher immer Magierin werden, jetzt bin ich Programmiererin geworden, das ist ja zum Teil auch manchmal magisch", antwortet Frau Romppel schmunzelnd auf die Frage, was ihr Traumberuf als Kind war. Am meisten Spaß an ihrer Arbeit mache ihr das Programmieren, womit sie sich auch gerne in ihrer Freizeit beschäftigt. "Da ergänzen wir uns sehr gut, Rebecca geht mehr in die Tiefe und ich in die Breite. Für mich ist das Schöne, wenn ich einen Impuls setzen konnte und dadurch das Thema vorangebracht wird", ergänzt Frau Peter.
Sie hielt sich früher gerne in Blumenläden auf und ist noch heute in ihrer Freizeit gerne draußen bei der Gartenarbeit. "Das Thema Barrierefreiheit passt auch sehr gut dazu, weil es ganz oft wie Gartenarbeit ist. Ein Garten braucht Pflege und eine gute Planung hält diese in Grenzen und die Erfolge können einfacher geerntet werden."
Außerdem ist ihr immer wichtig, behinderte Menschen als Expert:innen in eigener Sache miteinzubeziehen, also die Schnittstelle zwischen der Technik und den Anwender:innen zu sein.
Das Schöne an Bremen seien die kurzen Wege und dass man sich immer zweimal sehe. "Man sieht die Leute später noch mal in anderen Zusammenhängen und kann darauf zurückgreifen. Das ist total charmant an Bremen", erläutert Frau Peter. Außerdem schätzt sie, dass ihre Arbeit, die Barrieren benennt und damit Probleme aufdeckt, als Service gesehen werde, die Menschen seien dankbar für Anregungen und fachliche Hilfestellungen.

Frau Romppel: "Es wäre schön, wenn wir in 10 Jahren nicht mehr gebraucht würden, weil dann alles barrierefrei wäre und hoffentlich wird es dann keine Rolle mehr spielen, die Leute aufklären zu müssen, warum Barrierefreiheit so wichtig ist. Also dass wir nicht mehr die Grundlagenarbeit machen müssen, sondern nur noch auf eventuelle Fehler hinweisen."
Frau Peter: "Bereits jetzt gibt es viele Nutznießer von barrierefreier Technik, zum Beispiel Sprachausgaben, die im Auto längst von allen genutzt werden. Es kommen aber immer neue Sachen hinzu, als Beispiel die virtuelle Realität oder künstliche Intelligenz, daher braucht es da schon noch einen Expert:innen Blick. Die Grundlagen der Barrierefreiheit sollten wie Rechtschreibung gleich in der Schule mitgegeben werden. Es sollte auch vermittelt werden, wie wichtig das Thema ist, weil erst durch die Barrierefreiheit der Inhalte eine Nachnutzung der entwickelten Materialien sichergestellt ist."

Vielen Dank, Rebecca Romppel und Ulrike Peter!

Foto: Rebecca Miller, Fotoarchiv SKB-Bremen