Wer macht was, wann, wie und womit? – Das sind die zentralen Fragestellungen im Job von Anja Theele. Ein Antrag kommt digital rein und was dann…?! - da hört das Onlinezugangsgesetz (OZG; siehe unten "Zusatzinformationen") auf und fängt ihre Tätigkeit an. Wie sie und die beteiligten Kolleg:innen gemeinsam letztendlich mehr Zeit für die "eigentlichen" Aufgaben wie die Beratung von Bürger:innen schaffen, erzählt sie uns im Interview.

Anja Theele steht vor einem Flipchart
Foto: Rebecca Miller, Fotoarchiv SKB Bremen

Prozessmanagement beim Senator für Inneres – das beinhaltet zum einen konzeptionelle Überlegungen aber wir gehen auch praktisch in die bürgernahen Ämter und sprechen vor Ort über die Prozesse, Zuständigkeiten und Arbeitsschritte. Zum Beispiel soll es aufgrund des Onlinezugangsgesetzes zukünftig einen digitalen Führerscheinantrag geben. Die digitalen Anträge, man sprich dabei von "Antragsstrecken“, werden zentral entwickelt. Das heißt, nicht jedes Bundesland entwickelt eigene Onlinedienste, sondern ein Bundesland übernimmt zentral die Verantwortung und stellt sie für alle zur Verfügung. Der digitale Führerscheinantrag wurde bereits fertig gestellt. Das bedeutet, Bremen kann diese Antragsstrecke nutzen und möchte das auch.

Wie läuft der Prozess denn aktuell im Bremer Amt, ohne die Antragsstrecke? Dazu haben wir einen Workshoptermin mit am Prozess beteiligten Kolleg:innen vereinbart. Gemeinsam haben wir mit Moderationskarten die Abläufe festgehalten. Jeder Arbeitsschritt kam als Karte an die Wand. Wo kommt der Antrag an? Wer nimmt ihn aus dem Postfach und was passiert dann am Schreibtisch? Am Ende ergibt sich als erstes sichtbares Ergebnis ein Prozessbild, welches ich dann digital mit der Software ViFlow modelliere. Wenn man sich gemeinsam bewusstmacht, welche Schritte ablaufen, ergeben sich verschiedene, pragmatische Fragestellungen: "Bisher bin ich an den Schrank gegangen und habe mir das Blatt Papier herausgenommen. Wie bekomme ich künftig einen digitalen Antrag? Bekomme ich eine E-Mail, muss ich den Antrag downloaden?"

Mit diesen Themen beschäftigen wir uns im Nachgang. Die Arbeit verändert sich, viele Schritte können schlanker ablaufen. Die beteiligten Kolleg:innen werden von administrativen Aufgaben wie scannen teilweise entlastet und können sich stärker auf den Kern ihrer Arbeit konzentrieren. Es bleibt zum Beispiel mehr Zeit, um Bürger:innen zu beraten. Es geht darum, etwas zu verbessern, für die Kolleg:innen und die Bürger:innen.

Ich fühle mich hier sehr wohl und wurde herzlich aufgenommen. Erst seit kurzem arbeite ich auf dieser neu geschaffenen Stelle im Prozessmanagement. Meine Kolleg:innen und ich ergänzen uns gut: Sie haben mehr Erfahrung in den Strukturen im öffentlichen Dienst und sind schon vernetzt, ich bringe neue Ideen und meine bisherigen Erfahrungen aus dem Bankbereich ein. Ich erlebe viel Raum für Individualität: Jede:r kann sein, wie er/sie ist und diese Vielfalt ist sehr bereichernd.
Die Mischung aus kreativen Präsenzterminen mit Moderationskarten und Flipchart in Verbindung mit der Arbeit im Büro ist eine tolle Abwechslung.
Und: Ich arbeite sehr praxisnah, nicht für irgendjemanden oder ein Produkt, was nur eine bestimmte Kund:innengruppe verwendet. Es geht um einen Mehrwert für die Gesellschaft, für alle.

Prozessmanagement ist so viel mehr als einzelne Prozesse zu erneuern oder Papiertiger für Schubladen zu erstellen. Wirkliche sichtbare und fundierte Verbesserungen und mehr Spaß in die Arbeit zu bringen, ist der Fokus. Ich hoffe, dass wir bekannter werden, sich unser Netzwerk etabliert und wächst und unser Thema sich zu einem Selbstläufer entwickelt.
Wir sind beim Senator für Inneres zuständig für die uns zugeordneten Behörden. Unsere Arbeitswelt wird in der Zukunft vermutlich noch vernetzter werden. Vor kurzem kam die Fragestellung auf: Was passiert, wenn ein Prozess von zwei Ämtern, in diesem Beispiel das Ordnungsamt und Gesundheitsamt bearbeitet wird? Im Prozessmanagement wird es immer neue Fragestellungen geben, auch bei geänderten Gesetzeslagen oder Personalwechseln.
Unsere Welt wird außerdem noch viel digitaler sein, aber der persönliche Kontakt insbesondere bei der Prozessaufnahme wird weiterhin wichtig bleiben.

Vielen Dank, Anja Theele!

Das Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen (Onlinezugangsgesetz – OZG) verpflichtet daher Bund, Länder und Kommunen, bis Ende 2022 ihre Verwaltungsleistungen über Verwaltungsportale auch digital anzubieten. Die Interaktion zwischen Bürgerinnen, Bürgern und Unternehmen mit der Verwaltung soll in Zukunft deutlich schneller, effizienter und nutzerfreundlicher werden. (Quelle: Bundesministerium des Innern und für Heimat (2022): Onlinezugangsgesetz (OZG) [online] https://www.bmi.bund.de/DE/themen/moderne-verwaltung/verwaltungsmodernisierung/onlinezugangsgesetz/onlinezugangsgesetz-node.html [abgerufen am 05.05.2022])