"Alles, was Sie sich vorstellen können im Kleinen, wenn Sie Ihr Zimmer renovieren, passiert auch uns immer wiederkehrend – mit dem Unterschied, dass alle Nachbarn um Sie herum mitreden wollen."

Kerstin Brockmüller und Jörg Meyer berichten aus ihrem Alltag: Ihre Abteilung steuert öffentliche Bauprojekte in Bremen wie etwa Kitabauten, die Sanierung der Justizvollzugsanstalt oder Gebäude der Universitäten.
Kerstin Brockmüller ist Diplom-Ingenieurin für Technische Gebäudeausrüstung, Jörg Meyer ist Architekt. Beide sind seit circa 20 Jahren im öffentlichen Dienst tätig. Angefangen im Projektmanagement für öffentliche Bauprojekte haben sie sich über die Team- und Fachgruppenleitung zur Abteilungsleitung entwickelt. Bis heute haben sie nicht vergessen, "wo man Steine aus dem Weg räumen muss".

Vor drei Jahren, als immer mehr Projekte wie Schulausbauten kamen, sollte die Abteilung Projektsteuerung zunächst in zwei Abteilungen aufgeteilt werden: In Schul- und Kitabauten und übrige Bauten, Sanierungen. Durch eine Mitarbeiterbeteiligung wurde dann aber entschieden, dass es eine Abteilung bleiben sollte, um die Herausforderungen als große Gruppe anzunehmen und eine Flexibilität in den Aufgaben beizubehalten.

Das bedeutete, dass Kerstin Brockmüller und Jörg Meyer von diesem Zeitpunkt an gemeinsam in geteilter Führung die Abteilungsleitung für den Bereich Projektsteuerung übernahmen.

Kerstin Brockmüller und Jörg Meyer sitzen an einem Besprechungstisch.
Fotos: Rebecca Miller, Fotoarchiv SKB-Bremen

Die Abteilung steuert Großprojekte. "Unsere Aufgaben sind vor allem die Problembewältigung systematischer Probleme und gute Rahmenbedingungen zu schaffen", antwortet Jörg Meyer.

"Wir halten unseren Projektleitungen den Rücken für ihre Arbeit frei", fasst Kerstin Brockmüller zusammen: "Unsere Kolleg:innen sind als Bauherrenvertreter:innen zuständig für die Projekte und arbeiten über Ausschreibungen mit externen Architekt:innen und Ingenieur:innen. Sie leiten das Projekt von der Vorplanung bis zur Abnahme der Gebäude." Jörg Meyer erklärt einen Projektablauf mit beispielhaften Herausforderungen anhand eines Schulbaus folgendermaßen: "Wenn eine Schule gebaut werden soll, dann setzt sich die Projektleitung damit auseinander, wie das Gebäude sein muss, damit es funktioniert. Dann plant sie das Bauen, die Gewerke kommen hinzu, ein Grundstück wird gesucht, hierfür gibt es zum Teil Ausschreibungen für Investor:innen, es muss eine Baugenehmigung beantragt werden, dann muss mit dem Umweltressort abgesprochen werden, was möglicherweise mit den dort lebenden Fröschen, Vögeln oder Fledermäusen passiert. Außerdem müssen die Interessen der Anwohner:innen beziehungsweise Beiräte angenommen werden, und eventuelle Konflikte mit den Firmen geklärt werden, wenn beispielsweise der benötigte Stahl nicht verfügbar ist. Anschließend kann die Schule gebaut werden."

Die Abteilung ist innerhalb von drei Jahren von 30 auf 60 Personen gewachsen. Es gibt sechs Teams, von denen jede:r drei leitet, so steht die disziplinarische Verantwortung fest. Inhaltlich verantwortet Kerstin Brockmüller die Themen Schul- und Kitabau, Jörg Meyer hat die Schwerpunkte Sanierung und Klimaschutz. Wenn eine Entscheidung aussteht, in der die beiden sich nicht einig sind, entscheidet der/die jeweils fachlich Verantwortliche in letzter Instanz. Außerdem werden die beiden gecoacht und lassen sich beraten, um wiederkehrend einen Blick von außen zu haben. Ein starker Austausch ist notwendig, um die andere Person immer mitzunehmen, es bedarf außerdem einer Akzeptanz, dass die Entscheidung der anderen Person immer mitgetragen werden muss und automatisch zur eigenen wird.

Die gemeinsame Abteilung bringt aber auch sehr viele Vorteile mit sich, besonders die Flexibilität: Die Arbeit geht dorthin, wo freie Kapazität ist, es gibt für die Mitarbeiter:innen keine klaren Zuschnitte für Zuständigkeiten, so herrscht eine große Flexibilität, auch um Menschen in ihren Stärken einzusetzen. "Das Arbeitsumfeld der Projektleitungen ist sehr allumfassend, sie können nicht alles wissen und wir müssen uns viel Spezialwissen einkaufen: Baumanalytik, Bodenanalytik und Schallschutz beispielsweise", hebt Jörg Meyer hervor. Wenn jemand eine Vorliebe für ein bestimmtes Thema hat, kann diese Person sich spezialisieren und anschließend das Wissen aus der Fortbildung im Team teilen und bei Fachfragen eine erste Ansprechperson sein. Neben der Teamstruktur gibt es so eine interdisziplinäre Struktur für einen guten Wissenstransfer. Kommunikation spielt dabei eine große Rolle, was ihre "Open-door-policy" und die Niedrigschwelligkeit im Austausch widerspiegeln.

Es kommen immer neue Themen auf: "Klimaschutz wird die Nummer 1, trotzdem müssen wir auch andere Gebäude weiterbauen. Vor zehn Jahren hätten wir uns nicht träumen lassen, jetzt 20 Großprojekte für die nächsten Jahre statt drei Neubauten im Jahr wie eine kleine Mensa oder einen kleinen Anbau zu managen", beschreibt Kerstin Brockmüller die Entwicklung.

Warum gibt es immer mehr Bedarf am Bau öffentlicher Gebäude, vor allem an Schulen?
"In den letzten zehn Jahren wurde nicht auf Vorrat gebaut, so hätte man Spitzen abfangen können. Außerdem haben sich die pädagogischen Anforderungen geändert, es gibt mehr Ganztagsschulen, eine höhere Geburtenrate und viele geflüchtete Menschen, die in unsere Stadt kommen. Dadurch entsteht ein extremer Bedarf an Mehrflächen, Kitaversorgung und Ganztagsbetreuung, zusätzlich die Klimaschutzanforderung – unser Geschick ist es, dafür zu sorgen, dass es verträglich klappt", erläutert Jörg Meyer.

"Ich arbeite gerne mit Menschen zusammen", führt Kerstin Brockmüller aus: "Die Unterschiedlichkeiten und aus einem starken Team ein gutes Projekt hervorzubringen, mit Menschen zu arbeiten, die Visionen haben, sich positiv für die Allgemeinheit engagieren, das würde ich hier als Traumjob bezeichnen. Man bekommt auch Hochachtung vor Vielem: Als wir eine Sozialtherapie für die JVA bauen sollten, mussten wir hinter die Kulissen schauen – was machen die Gefangenen, wie werden sie positiv betreut – oder in anderen Projekten: Wie baut man eine Feuerwehr? Die Leute sind 24 h im Dienst und haben damit andere Erwartungen an ihre Arbeitsumgebung als Büromitarbeiter:innen."

Jörg Meyer ergänzt: "Am Anfang gab es die Idee, dass ein Team beispielsweise nur Schulausbau macht, das gäbe kurzfristig eine Effizienzsteigerung, aber auf Dauer muss es eine Herausforderung bleiben. Bei Routine und Wiederholungen gibt es perspektivisch keine Effizienzsteigerung mehr. Hier im öffentlichen Dienst, geben wir als Anreiz ein gutes Arbeitsumfeld mit Wechselhaftigkeit, neue Aufgaben, offenes Denken – das ist durch unsere Tätigkeit gegeben. Wir als Vorgesetzte halten die systematischen Probleme weg, die einzelnen müssen unsere Mitarbeiter:innen alleine lösen. Wir sehen es auch als Führungsaufgabe, die Kolleg:innen zu befähigen, allein Lösungen zu finden und Entscheidungen zu treffen, es ist spannend, diesen Prozess zu begleiten."

"Bei uns wird niemand allein gelassen: Schon im Vorstellungsgespräch haben wir einen umfangreichen Fragebogen, mit dem wir erkennen, wo wir unser mögliches neues Teammitglied abholen. Dann suchen wir eine:n passende:n Mentor:in, mit dem sich die neue Person das Büro teilt, das Team erstellt einen Fahrplan und über kleine Erfolgserlebnisse kommt man nach und nach in das Projektgeschäft", erläutert Kerstin Brockmüller. Die geringe Fluktuation und die gute Stimmung in den Teams sehen die beiden als Indikatoren, dass die Abteilung auf einem guten, fundierten Konzept beruht.

In einem Wunsch sind sich die beiden einig: Wie es im privaten Umfeld vor einem Bauprojekt üblich ist, sollte auch im öffentlichen Bereich die Finanzierung des vollständigen Baus vorab geklärt sein. So "einfach" ist es leider bei den vielen beteiligten Akteur:innen und Abstimmungsbedarfen nicht.
Außerdem wünschen sich die beiden, dass ihre Abteilung weiter zusammenwächst, das Wissen der Gemeinschaft weiter ausgebaut wird und dass die Kolleg:innen sich weiterhin wohlfühlen.

Vielen Dank Kerstin Brockmüller und Jörg Meyer für ihre Zeit und Offenheit!

Das Team der Leitstelle Arbeitgeberattraktivität